Psyche und Gesundheit

Arbeit und Zusammenarbeit gut gestalten

Engagierte und leistungsfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das Fundament einer jeden Organisation. Die Veränderungen unserer Arbeitswelt stellen viele Unternehmen in puncto psychische Belastung vor große Herausforderungen.

Wir informieren zu den richtigen Präventionsstrategien.

Das zentrale Instrument: die Gefährdungsbeurteilung

Das Arbeitsschutzgesetz fordert von den Arbeitgebern
•    die mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen zu ermitteln und zu beurteilen
•    Maßnahmen für den Arbeitsschutz abzuleiten
•    die Maßnahmen umzusetzen und diese auch auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen

Die Erfassung und Beurteilung der mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen muss auch die psychische Arbeitsbelastung berücksichtigen. Bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung im Sinne des Gesetzes geht es immer um die Beurteilung und Gestaltung der Arbeit.

Jede Arbeit hat ihr eigenes Spektrum an Belastungen, denn mit unterschiedlichen Unternehmen und Aufgaben entstehen natürlich ganz unterschiedliche Anforderungen, zum Beispiel:

  • zunehmende Digitalisierung der Arbeit und Qualifizierungsanforderungen
  • Zusammenarbeit mit anderen Menschen, im Team oder mit anderen Abteilungen
  • unterschiedliche Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit,
  • Dokumentationspflichten und zunehmende Absprachen zur Arbeit

Belastung

Die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse von außen, die bei der Arbeit psychisch auf einen Menschen einwirken, nennt man psychische Arbeitsbelastung. Psychische Belastung deswegen, weil diese Einflüsse die Wahrnehmung, das Denken und Fühlen des Menschen beeinflussen. Eine Arbeit ohne psychische Belastung ist genauso wenig wünschenswert wie eine Arbeit ohne jede körperliche Belastung. Ob die mit der Arbeit verbundenen Belastungen zur einer Gesundheitsgefährdung mit negativen Folgen werden oder positiv auf Leistung und Gesundheit wirken ist auch von persönlichen Faktoren und individuell zur Verfügung stehenden Ressorucen abhängig.

Gefährdung

Gefährdungen sind alle Faktoren, die potenziell gesundheitlich beeinträchtigen oder schädigen. Gesundheitsgefährdend können psychische Belastungen werden, wenn zum Beispiel Menschen:

  • permanent mit emotionalisierten, aggressiven Kunden, Patienten oder Bürgern umgehen müssen
  • über wenig Handlungs- und Entscheidungsspielräume bei hoher Arbeitsintensität verfügen
  • andauernd unter hohem Zeit- und Leistungsdruck arbeiten
  • in ungünstig gestalteten Schichtsystemen arbeiten

Handlungsleitfaden zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Arbeitsbelastungen in der öffentlichen Verwaltung -HaGepA-

2. Auflage neu erschienen

Der Handlungsleitfaden zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Arbeitsbelastungen in der öffentlichen Verwaltung -kurz: HaGepA - ist das Resultat einer Kooperation zwischen der Landesdirektion Sachsen, der Unfallkasse Sachsen und dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Zusammenarbeit mit dem Praxispartner Landeshauptstadt Dresden. Eine erste Auflage gibt es bereits seit 2008. Die überarbeitete zweite Auflage (2020) beinhaltet neben den relevanten psychischen Arbeitsbelastungen die aktuellen Rechtsgrundlagen für Arbeitsschutzmaßnahmen.

Was sind psychische Arbeitsbelastungen?

Nach der DIN EN ISO 10075 zählen zu den psychischen Arbeitsbelastungen die Arbeitsumgebungsbedingungen wie zum Beispiel Lärm und Beleuchtung, die Arbeitsorganisation, der Arbeitsinhalt und die sozialen Beziehungen einschließlich Führungsstil.
Auch das Thema Gewaltprävention wird im HaGepA besonders berücksichtigt.

Praktisch erprobt

HaGepA basiert auf dem Gesetzes- und Regelwerk des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, auf gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen des Aufsichtspersonals und der Arbeitsschutzakteure im Betrieb. Der Handlungsleitfaden wurde in ausgewählten Bereichen der öffentlichen Verwaltung auf Handhabbarkeit und Eignung für die Gefährdungsbeurteilung erprobt.

Modularer Aufbau, einsetzbar bei Arbeitsplatzbegehungen oder Workshops

Im Handlungsleitfaden werden zunächst Anliegen und Aufbau des Instruments beschrieben. Die Anwendung der insgesamt sieben Module in Form von Checklisten für die Gefährdungsbeurteilung wird erklärt. Die Checklisten enthalten einen vorgegebenen Bewertungsmaßstab dafür, ob die analysierten Arbeitsbedingungen Gefährdungen darstellen. Der Handlungsleitfaden kann bei Bedarf inhaltlich fortgeschrieben und um betriebsspezifische Gefährdungsfaktoren ergänzt werden. Eingesetzt werden kann der HaGepA im Beobachtungsinterview bei Arbeitsplatzbegehungen und /oder im Workshop bei einer Gruppendiskussion.

Praktisch für die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung

Über Analyse und Bewertung hinaus bieten die Checklisten auch die Möglichkeit, Maßnahmen mit Termin und Verantwortlichkeit festzuschreiben. Für die Mehrzahl der Fragestellungen sind jeweils die offiziellen Quellen für die Gestaltungsziele angegeben. Die erfolgreiche Umsetzung realisierter Maßnahmen wird durch die Wirksamkeitskontrolle dokumentiert.

Auch als digitale Version verfügbar und in der Software GefBu nutzbar

Den Handlungsleitfaden stellen wir Ihnen auch als Download zur Verfügung (xls-Format). So können Sie die Gefährdungsbeurteilung auch mit zeitlicher Unterbrechung fortschreiben und Veränderungen ganz einfach digital festhalten. Die Checklisten des Handlungsleitfadens können Sie auch in die Software „Gefbu“ als mitgeltende Unterlage zu Ihrer Gefährdungsbeurteilung übernehmen und zuordnen. Mit „GefBu“ können Gefährdungsbeurteilungen systematisch elektronisch erstellt, verwaltet und verteilt werden. Sie können HaGepA und GefBu über das Kompendium Arbeitsschutz abrufen oder über folgenden Link downloaden.

HaGepA (XLS)

Merkmals- und Gestaltungsbereiche

Es existieren viele Erkenntnisse darüber, wie man Arbeit gut – das heißt gesundheits-, leistungs- und lernförderlich gestalten kann. Hier können Sie sich einen Überblick zu den wesentlichen tätigkeitsübergreifenden psychischen Belastungsfaktoren verschaffen, die zeitgleich auch die richtigen Ansatzpunkte für die Gestaltung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen sind.

Die Auswahl ist nicht abschließend, je nach Bereich und Situation können auch andere Faktoren relevant sein.

Die richtige Person an die richtige Stelle! Das kann gelingen,

  • wenn klar ist, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten für die erfolgreiche Tätigkeit an einer Arbeitsstelle benötigt werden und welche Anforderungen an die körperliche und psychische Leistungsfähigkeit bestehen.
  • wenn die Arbeitsstelle über Anreize und Ressourcen verfügt, die mit den persönlichen Bedürfnissen, Wünschen und Lebenslagen der Beschäftigten übereinstimmen.

Eine gute Jobpassung hat positiven Einfluss auf Arbeitszufriedenheit, Produktivität und die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Bei schlechter Passung vergeben Personalverantwortliche nicht nur Chancen für mehr Produktivität –  sie riskieren auch erhöhte Fluktuation, wenn Mitarbeiter sich nicht optimal entwickeln können.

Nicht nur für die optimale und effiziente Erfüllung von Organisationszielen, auch für mehr Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit lohnt es sich, Arbeitsprozesse gut zu strukturieren und zu planen. So wird die Qualität der Arbeit und auch die Gesundheit der Beschäftigten beispielsweise dadurch beeinflusst, wie die Zusammenarbeit im Team, mit anderen Abteilungen oder Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigen gestaltet wird.

Gutes Betriebsklima entsteht durch gegenseitige Wertschätzung, Respekt und Vertrauen. Zu einem guten Betriebsklima gehört auch die Frage, wie mit Fehlern umgegangen wird und wie die Zusammenarbeit mit Kunden und Bürgern gestaltet werden kann.

Eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung kann nicht nur physische, sondern auch die psychische Belastung vermindern. Schutz vor Lärm, angemessene Beleuchtung, gut belüftete Räume sind beispielhaft genannt.

So wie sich die Arbeitswelt ändert, können sich auch die relevanten psychischen Belastungsfaktoren ändern oder hinzukommen.
Zum Merkmalsbereich „Neue Arbeitsformen“ zählen z.B.

  • räumliche Mobilität,
  • atypische Arbeitsverhältnisse, diskontinuierliche Berufsverläufe
  • zeitliche Flexibilisierung, reduzierte Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben.


Für die Belastungssituation der Beschäftigten können diese neuen Arbeitsformen eine erhebliche Rolle spielen. So ist zum Beispiel Arbeitsplatzunsicherheit, die im Zusammenhang mit atypischen (befristeten) Arbeitsverhältnisse häufig auftritt, nachweislich mit negativen Gesundheitseffekten in Verbindung zu bringen, zum Beispiel mit dem Auftreten einer Depression.

Gestaltungsstrategien für gesunde Unternehmen

Viele gesundheitliche Risikofaktoren konnten durch die technische Entwicklung und einen gut funktionierenden Arbeits- und Gesundheitsschutz reduziert werden. Der Wandel unserer Arbeitswelt fordert einen integrierten Gestaltungsansatz für mehr Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.

Ein ganzheitlicher Gestaltungsansatz bedeutet bildlich gesprochen nicht nur Rückenschule, sondern auch Rückendeckung - sie spiegelt sich im Betriebsklima, in der Unternehmensphilosophie und in der Einstellung aller Kollegen und Führungskräfte zu sozialen Aspekten wider.

Diese ganzheitliche Sicht auf Gesundheit unterstreicht auch die wohl bekannteste Definition von Gesundheit: „Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“ – lt. Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Hierbei geht es um die Vielfalt möglicher betrieblicher Maßnahmen zu Erhalt und Förderung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten.Unterstützend zu dem, was gut gestaltete Arbeitsbedingungen an Gesundheit fördern, gibt es auch wirksame verhaltensbezogene Maßnahmen.

Beispielhaft stehen dafür solche Angebote wie Bewegungspausen, gesundes Kantinenessen und Stressbewältigungskurse.

Aus der Vielzahl der möglichen Maßnahmen sollten diejenigen ausgewählt werden, die mit hoher Qualität den konkreten Bedarf der jeweiligen Einrichtung abdecken und mit Kontinuität und nachhaltiger Wirkung umgesetzt werden.

Basis jeder gesundheitsföderlichen Maßnahme sollte ein klares Komzept sein. Diesen Ansatz verfolgt das betriebliche Gesundheitsmanagement.

Betriebliches Gesundheitsmanagement umfasst die systematische Entwicklung und Steuerung von betrieblichen Rahmenbedingungen, Strukturen und Prozessen die zu mehr Gesundheit, Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten und somit insgesamt zum Erfolg des Unternehmens beitragen sollen.

In der Praxis geht es zumeist darum, die bestehenden Strukturen, Prozesse und vorliegenden Informationen zu Sicherheit und Gesundheit sinnvoll miteinander zu verbinden.

Grundlegende Voraussetzung für ein funktionierendes BGM ist daher der betriebliche Arbeits- und Gesundheitsschutz mit dem zentralen Instrument der Gefährdungsbeurteilung. Wichtige Handlungsfelder sind die betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM).

Gerade wenn es um Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz geht und die Beschäftigten direkt betroffen sind, kann sich die Beteiligung der Mitarbeiter an der Arbeitsgestaltung sehr positiv auf Motivation und Identifikation auswirken.

 Innovative Ideen, Lösungen und Veränderungen für mehr Sicherheit und Gesundheit können so von den Personen eingebracht werden, die ihren Arbeitsplatz und die Arbeitsaufgaben am besten kennen.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) hilft, Beschäftigte, die längere Zeit krank sind, wieder in den Arbeitsprozess einzubinden. Die Arbeitsunfähigkeit soll mit Hilfe angemessener betrieblicher Maßnahmen überwunden und erneuter Arbeitsunfähigkeit soll vorgebeugt werden.

Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, ein solches Verfahren anzubieten. Mit dem neuen "Bundesteilhabegesetz“ ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement seit dem 01. Januar 2018 im § 167, Abs. 2 SGB IX verankert.

Das gesamte BEM-Verfahren beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit der Teilnahme und kann daher nur mit Zustimmung der betroffenen Person durchgeführt werden.
Anspruch auf ein BEM haben alle Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren. Der Zeitraum bezieht sich dabei immer auf die zurückliegenden zwölf Monate unabhängig vom Kalenderjahr und unabhängig von einer Erkrankung oder deren Ursache.

BEM beschränkt sich nicht nur auf die arbeitsbedingten Erkrankungen. Besteht aber ein Zusammenhang zwischen Erkrankung und den Belastungen am Arbeitsplatz, empfiehlt es sich sehr genau hinzuschauen und mögliche Maßnahmen gemeinsam mit den Beschäftigten zu besprechen.