Neue DGUV Vorschrift 25 „Überfallprävention“

Seit dem 01.01.2022 in Kraft

Ob Sparkasse, Spielbank, Schwimmbad-, Gemeinde-, Stadt- oder Theaterkasse:  für alle gilt künftig die gleiche neue Unfallverhütungsvorschrift.

Was ist neu?

Die Regelungen zum Schutz unserer Versicherten vor Raubüberfällen wurden durch die Sachgebiete „Kreditinstitute und Spielstätten“ und „Verkaufsstellen“ der Deutschen Gesetzlichen Unfall­versicherung eingehend überarbeitet und werden nun in Form einer neuen Unfallverhütungsvorschrift verbindlich eingeführt. Alle Sozialpartner und berührten Kreise haben an dem neuen Regelwerk mitgewirkt.

Erweiterter Gültigkeitsbereich

Die DGUV Vorschrift 25 (UVV) „Überfallprävention“ trat am 01.01.2022 in Kraft und gilt nicht nur für Banken und Sparkassen, sondern auch für den Handel, Spielhallen und Spielbanken sowie Kassen und Zahlstellen der öffentlichen Hand. Für Kassen und Zahlstellen der öffentlichen Hand gilt für einige wenige Regelungen eine Übergangsfrist von zwei Jahren.

Damit haben alle bei uns versicherten Unternehmen die mit Bargeld umgehen, egal ob sie in den Regelungsbereich der alten DGUV Vorschrift 25/26 „Kassen“ fielen oder diese nur als Regel der Technik anwenden konnten, nun ein zukunftssicheres Instrument zum Schutz ihrer Mitarbeitenden vor Raubüberfällen in der Hand.

Vorgabe von Schutzzielen

Anstatt der bisher festgelegten Kassensicherungskonzepte werden durch die UVV Schutzziele vorgegeben, deren praktische Umsetzung durch den Unternehmer frei gestaltet werden kann. Konkrete Hinweise zur Umsetzung der Schutzziele der UVV finden sich in den erläuternden Regeln:

  • DGUV Regel 115-003 Überfallprävention in Kreditinstituten
  • DGUV Regel 115-004 Überfallprävention in Spielstätten
  • DGUV Regel 115-005 Überfallprävention in Kassen und Zahlstellen der öffentlichen Hand
  • DGUV Regel 108-010 Überfallprävention in Verkaufsstellen

Abweichende Höchstbeträge für Sicherungskonzepte in Sachsen

Für Kassen und Zahlstellen der öffentlichen Hand ist die DGUV Regel 115-005 einschlägig. Hier wird erläutert, wie die Anforderungen der UVV Überfallprävention in der Praxis umgesetzt werden sollen. Dies geschieht insbesondere durch Einhaltung der in der Regel beschriebenen Sicherungskonzepte (vgl. Erläuterungen zu § 10 ff). Diese Konzepte beinhalten unter anderem Kassenhöchstbestände, das heißt Vorgaben dazu, wie viele Banknoten griffbereit an einem Kassenarbeitsplatz vorgehalten werden dürfen.

Ergibt sich aus der Beurteilung der Arbeitsbedingungen, dass vom Wert des Bestandes an Münzen, sonstigen Zahlungsmitteln oder Wertsachen ein Anreiz zum Überfall ausgeht, gelten beim Umgang mit diesen die gleichen Festlegungen wie für Banknoten.

Um den Unternehmen eine Hilfestellung zur Umsetzung der Anforderungen der neuen UVV zu geben, wurden drei branchenspezifische Regeln entwickelt, welche die UVV konkretisieren. Für Kassen und Zahlstellen der öffentlichen Hand ist die DGUV Regel 115-005 einschlägig. Hier wird erläutert, wie die Anforderungen der UVV Überfallprävention in der Praxis umgesetzt werden sollen. Dies geschieht insbesondere durch Einhaltung der in der Regel beschriebenen Sicherungskonzepte (vgl. Erläuterungen zu § 10 ff). Diese Konzepte beinhalten unter anderem Kassenhöchstbestände, das heißt Vorgaben dazu, wie viele Banknoten griffbereit an einem Kassenarbeitsplatz vorgehalten werden dürfen.

  • Banknoten sind dann griffbereit, wenn auf sie ohne zeitliche Verzögerung, bspw. in einer Kassenlade oder einer offenen Geldkassette, zugegriffen werden kann (vgl. § 2 DGUV Vorschrift 25, Begriffsbestimmungen).
  • Diese notwendige zeitliche Verzögerung kann technisch oder organisatorisch sichergestellt werden. Beispiele hierfür sind geeignete Wertbehältnisse mit Elektronikschloss (= technische Lösung), Abwurfbehältnisse ohne unmittelbaren Zugriff durch Versicherte oder das Holen eines Zugangsgeheimnisses wie Schlüssel oder Zugangscode (= organisatorische Lösung).
  • Der Zugang zu Banknoten darf erst nach dem Ablauf der Sperrzeit von mindestens 5 Minuten möglich sein.
  • Banknoten die auf diese Weise gesichert sind gelten als verwahrt und werden dem griffbereiten Bestand nicht zugerechnet.

Bei den Sicherungskonzepten 1 und 2 wird von Beträgen ausgegangen, welche deutlich von den bisher in Anwendung stehenden Summen abweichen. Dies führte in der Beratungspraxis der letzten Monate insofern zu Irritationen, dass diese Beträge als in jeder Situation gültige Schwarz/Weiß-Linie betrachtet werden. Dies ist jedoch nicht so. Die Ausschöpfung dieses Höchstbetrags ist nur unter absoluten Idealbedingungen sinnvoll möglich. Dies bedeutet, nur wenn alle anderen Anforderungen der UVV Überfallprävention eingehalten werden (Einsichtnahme, Zugänge zur Betriebsstätte, Alarmierung, Videoüberwachung, etc.) und die Gefährdungsbeurteilung anhand der weiteren Umgebungsbedingungen wie bspw. Lage der Zahlstätte, personelle Besetzung der umliegenden Dienststellen, soziales Umfeld, u.a.m. keine erhöhte Überfallgefährdung ergibt, könnte eine Kasse mit dem beschriebenen Höchstbetrag bestückt werden. Darüber hinaus ist die UVV Überfallprävention vorrangig schutzzielorientiert gestaltet, d.h. der Unternehmer hat in erster Linie das Minimierungsgebot des § 3 zu berücksichtigen. Um den Anreiz zum Überfall so nachhaltig wie möglich zu verringern, ist vor allen anderen Maßnahmen eine Reduzierung des griffbereiten Bargeldbestands auf das im Betriebsablauf unbedingt nötige Minimum nötig. Diese Entscheidung ist in der Gefährdungsbeurteilung zu begründen und zu dokumentieren. Da öffentliche Kassen und Zahlstellen in der Regel einzahllastig sind, ist das Vorhalten eines hohen Wechselgeldbestands nur in Ausnahmefällen begründbar.

Unter Berücksichtigung der genannten Gründe und der Erfahrungen unserer Präventionsexperten wird eine Verschiebung der bisherigen Höchstbeträge auf das in der Regel genannte Niveau als gefährdungserhöhend eingeschätzt. Um den bestmöglichen Schutz unserer Versicherten zu gewährleisten werden im Zuständigkeitsbereich der Unfallkasse Sachsen daher folgende Kassenhöchstbestände (= griffbereite Banknoten) in die Beratungs- und Überwachungspraxis einfließen:

Sicherungskonzept 1:

Zulässiger griffbereiter Banknotennbestand: 500,-€
Die Festlegung erfolgt anhand der bisherigen Literatur, bei erhöhtem Überfallrisiko auch weniger.

Sicherungskonzept 2:

Zulässiger griffbereiter Banknotennbestand: 5.000,-€
Die Festlegung erfolgt anhand der bisherigen Beratungspraxis. Entspricht dem Betrag, der unter ähnlichen Umständen in einem Kreditinstitut zu erbeuten wäre (dortiges Sicherungskonzept „B“)

Sicherungskonzept 3:

Zulässiger griffbereiter Banknotennbestand: 10.000,-€
keine Änderung

Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei Erreichen dieser Kassenhöchstbestände keine Banknoten mehr angenommen werden dürfen. Dies ist selbstverständlich weiterhin möglich, die überzähligen Banknoten müssen allerdings in ein geeignetes Behältnis verbracht und verwahrt werden, dazu auch Abschnitt 3.3 der DGUV Regel 115-005: Erläuterungen zu § 25 „Verwahrung von Banknoten“. Verwahrte Banknoten werden nicht zum griffbereiten Banknotenbestand gezählt. Geeignete Behältnisse zur Verwahrung von Banknoten sind beispielweise Abwurfbehältnisse oder Tresore, bei denen sichergestellt ist, dass die Zeit bis zum Zugriff auf die Banknoten mindestens 5 Minuten beträgt.

Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung und neues Unterweisungsregime

Mit dem Inkrafttreten muss die Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsplätze, an denen Versicherte Umgang mit Bargeld haben, überprüft und ggf. an die geänderten Gegebenheiten angepasst werden. Insbesondere für die Kassen und Zahlstellen der öffentlichen Hand bedeutet dies ggf. größeren Handlungsbedarf, da diese bisher nur mittelbar von den Regelungen der alten UVV Kassenbetroffen waren. Hierzu zählt, neben ggf. nötigen baulich/technischen und organisatorischen Maßnahmen, vor Allem auch die Umstellung des betrieblichen Unterweisungsregimes. Die Unterweisung zur Überfallprävention muss zukünftig in allen betroffenen Betrieben halbjährlich erfolgen.

Betriebliche psychologische Erstbetreuer

Weiterhin wird nun verbindlich geregelt, dass der Unternehmer für eine angemessene Betreuung von Überfallbetroffenen sorgen muss. Hierzu gehört unter anderem die Benennung von betrieblichen psychologischen Erstbetreuern. Die Weiterbildung eines entsprechenden betrieblichen Multiplikators kann durch die Unfallkasse Sachsen gefördert werden. Weitere Informationen zu dieser Förderung finden Sie auf unserer Seite Projektarbeit Notfallmanagement,webcode uk389.

Alle Überfälle müssen gemeldet werden

Darüber hinaus sind Unternehmen zukünftig verpflichtet, dem zuständigen Unfallversicherungsträger einen Überfall umgehend formlos mitzuteilen. Mit einer Unfallanzeige kommen Sie dieser Pflicht nach. Wenn keine versicherte Person verletzt wurde, genügt eine formlose E-Mail oder ein Anruf.

Bei konkreten Fragen zur Umsetzung wenden Sie sich an die für Ihr Unternehmen zuständige Aufsichtsperson. Wer für Ihr Unternehmen zuständig ist, entnehmen Sie bitte der jeweiligen Branchenseite auf Sicherheit und Gesundheit.

Allgemeine Frage zur neuen Unfallverhütungsvorschrift beantwortet Ihnen auch Herr Jentsch.

Weiterführende Informationen und Links:

UK Sachsen: Kassenhöchstbestände nach UVV 25 (PDF)

Ansprechpersonen:

Herr Jentsch
Tel.: 03521 724-307
Mail: stopspam_1d3f172f9da49db3db6aa67945bea188